Einige von euch werden demnächst mit ihrem Studium fertig. Wie geht es euch bei diesem Gedanken? Ein neuer Start ist immer mit etwas Abenteuer verbunden. Für viele läuft der Lebensabschnitt „Berufseinstieg“ auch nicht immer glatt. Genau so war es auch für Manuel aus Halle. Lest selbst, wie es ihm dabei ging und was er dadurch über sich und seinen Glauben gelernt hat. (Dieser Artikel ist ein Auszug aus seinem Bericht vom vergangenen Berufseinsteigerseminar im Januar 2021).
Schon seit Beginn meines Studiums lief nicht immer alles glatt. Eigentlich wollte ich nach Leipzig, doch der Sporteignungstest hatte mir einen Strich durch die Rechnung gemacht und so startete ich 2009 mein Lehramtsstudium mit den Fächern Mathe, Physik und Sport in Halle (an der Saale).
Das Studium, vor allem die Mathemodule, forderten mich sehr heraus, sodass ich schon von Anfang an daran zweifelte, ob ich das Studium jemals schaffen und später als Lehrer klarkommen würde.
Doch trotz einiger sehr schweren Zeiten schloss ich meine Studienzeit gut ab und bekam auch recht unproblematisch einen Platz fürs Referendariat in Halle.
Diese Zeit verlief ungewöhnlich angenehm für mich. Mit meinen Kollegen an der Schule und den Kids verstand ich mich super. Mein Mentor ließ mir viel Freiheit und machte auch keinen Stress, wenn der Unterricht nicht so lief. Meine Noten waren mir zu dieser Zeit nicht sonderlich wichtig, ich hatte immer den Gedanken im Kopf, „Ich lasse mich nicht bewerten – das ist Gottes Sache!“.
Trotzdem verlief natürlich nicht alles stressfrei (vor allem zum Ende der Prüfungszeit hin), und so verließ ich das Referendariat mit gemischten Gefühlen. Wie wird es im richtigen Beruf sein? Werde ich es da auch so gut schaffen?
Die Krise wartete nicht lang auf sich.
Ich wählte trotz meiner Bedenken den Standardweg und bekam tatsächlich eine Stelle an einem Gymnasium in der Nähe, das mich vor allem als Physiklehrer haben wollte. Die Anforderungen waren straff, aber ich ließ es auf mich zukommen.
So fing ich nun an zwölf Klassen in Physik zu unterrichten, dazu eine Bereitschaftsstunde und gelegentlich noch eine Vertretung. Für mich war es die absolute Überforderung. Nach dem Unterricht war ich immer total kaputt, bereitete aber trotzdem jeden Tag bis spät abends oder nachts noch Unterricht vor, um dann am nächsten Tag das Gleiche wieder zu erleben. Die Wochenenden brauchte ich, um das, was ich in der Woche nicht geschafft hatte, halbwegs aufzuarbeiten. Wenn ich morgens die Schule betrat, fühlte es sich so an, als würde ich ein Gefängnis betreten und bis zum Nachmittag dort eingesperrt sein. Die Kollegen waren freundlich, aber distanziert.
Mir ging es immer schlechter, ich konnte nicht mehr schlafen, kompensierte viel mit Schokolade und anderem Süßkram, machte kaum noch Sport, was eigentlich zutiefst meiner Natur widerstrebt, und konnte kaum noch wertschätzend mit meiner Frau umgehen. Zweifel und Perfektionismus erdrückten mich.
Ein paar Tage Auszeit allein in den Alpen gaben mir ein wenig Zeit und Abstand, um meine inneren Gedanken zu sortieren und zu verstehen. Schließlich überlegte ich mir erst einmal einen Teilzeitantrag zu stellen. Vielleicht halte ich es so doch noch länger aus.
Mein Antrag für das nächste Schuljahr wurde jedoch abgelehnt. Die Schulwochen bis Weihnachten waren eine Qual. Obwohl ich bis dahin immer jemand war, der bis zuletzt durchhielt und kämpfte, zog ich hier einen Strich. Ich wollte nicht länger Lehrer sein und kündigte, obwohl mir die Referentin noch anbot, doch einen Teilzeitantrag zu genehmigen. Zu spät. Die Entscheidung war bei mir gefallen.
Auf einmal war ich zwar wieder frei, und damit ging es mir mit einem Schlag auch viel besser. Doch was nun?
Die nächsten drei Monate verbrachte ich viel Zeit damit, Bibel zu lesen, zu beten, zu laufen, Predigten und Videos auf YouTube zu hören und mich wieder auf Gott und seine Zusagen zu fokussieren – diese Zeit war für mich sehr intensiv und wertvoll.
Außerdem machte ich mir Gedanken und unterhielt mich mit verschiedenen Leuten, wie ich weitermachen könnte. Sollte ich doch noch Lehrer werden?
Gerade in dieser Zeit kam mir eine deutlich empfundene Zusage Gottes während meines FSJs vor meinem Studium immer wieder hoch: „Manuel, du musst mit Menschen arbeiten!“.
Ich entschied mich dafür, mich an einer freien Schule zu bewerben. Dieses Mal aber viel mehr auf meine inneren Gedanken und Gefühle, die Gott mir gibt, zu achten.
Ein Bekannter aus der Gemeinde bot mir eine Stelle an seiner freien Schule an. Dem ging ich nach. Als ich das erste Mal da war und mich mit der Schulleiterin unterhielt, empfand ich viel Freude und merkte, dass ich hier klarkommen würde. Seit vier Jahren arbeite ich nun an der Freien Schule Anhalt in Köthen. Ich muss zwar jeden Tag ein ganzes Stück fahren, doch das ist es mir auf jeden Fall wert.
Nach wie vor fühle ich mich nicht in allen Punkten mit dem Lehrerberuf wohl. Ich betrachte ihn gerade eher als einen Platz, wo ich aktuell sein darf, der sich aber auch noch ändern kann. Ich bin gespannt, welchen Weg Gott noch mit mir gehen wird. Außerdem bin ich unglaublich dankbar für die Schule, aber auch für mein Scheitern, denn gerade aus den schweren Momenten habe ich eine Menge lernen dürfen:
Zum Beispiel, dass es nicht schlimm ist, den Anforderungen nicht gerecht zu werden und zu scheitern. Das macht nichts mit meinem Wert, ich bin von Gott bedingungslos angenommen und geliebt.
Auch wenn Situationen ausweglos scheinen, geht es immer weiter. Gottes Weg ist nicht immer gerade und häufig auch nicht so, wie ich ihn mir vorstelle, aber er führt zum Ziel. Bei meinen Plänen bin ich mir da nicht so sicher.
Zu guter letzt: es geht nicht um mein Geschick und wie ich alles hinbekomme, sondern Gott ist es, der unendlich viel Energie zur Verfügung hat. Wenn ich bei ihm, ja sogar in ihm bleibe und vertraue, dass er in mir ist, dann kann ich nicht verlieren!
Meine Tipps für deinen Berufseinstieg:
- Achte auf deine inneren Gedanken und Gefühle – Gott schenkt Frieden und Freude zu guten Entscheidungen!
- Auch wenn es überhaupt nicht läuft, nimm es nicht zu ernst – das bestimmt nicht deinen Wert! Gott bestimmt ihn und für ihn bist du unendlich wertvoll!
- Achte auch im Studium schon auf eine gute Balance und nimm dir Zeit für wichtige Dinge (Gott, dich selbst, Partner, Familie, Freunde …).
- Perfektion ist tödlich, kostet einen Haufen Zeit und macht dich unattraktiv – mache gerne Fehler und lächle darüber. ;o)
Wenn ihr in einer ähnlichen Situation steckt, wie ich damals, meldet euch gerne bei mir: manuel-rehm@web.de